GUNVOR SA wegen strafrechtlicher Verantwortlichkeit in Zusammenhang mit Korruptionsdelikten in Ecuador verurteilt

Bern, 01.03.2024 - Die Bundesanwaltschaft verurteilt das Unternehmen GUNVOR SA zu einer Zahlung von rund CHF 86.7 Millionen, wovon CHF 4.3 Millionen auf eine Busse entfallen. Die Untersuchung durch die Bundesanwaltschaft hat gezeigt, dass das Genfer Rohstoffhandelsunternehmen nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehrungen getroffen hat, um zu verhindern, dass in seinem Namen mindestens von Februar 2013 bis Februar 2017 fremde Amtsträger bestochen wurden – dies im Zusammenhang mit seinen Geschäftstätigkeiten in der ecuadorianischen Erdölindustrie. Die Verurteilung erfolgt im Rahmen eines mit den US-amerikanischen Behörden koordinierten Vorgehens.

Im Juni 2021 eröffnete die Bundesanwaltschaft (BA) eine strafrechtliche Untersuchung gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Bestechung fremder Amtsträger (Art. 322septies StGB) im Zusammenhang mit möglichen Zahlungen von Bestechungsgeldern an ecuadorianische Amts-träger. Dabei stützte sie sich insbesondere auf Gerichtsakten aus einem von den US-amerikanischen Behörden geführten Strafverfahren. Die BA griff auf unterschiedliche Untersuchungsmassnahmen zurück und reichte insbesondere bei den Vereinigten Staaten von Amerika ein Rechtshilfeersuchen in Strafsachen ein. Im Januar 2023 wurde die strafrechtliche Untersuchung wegen des Verdachts der Bestechung fremder Amtsträger auf das Unternehmen GUNVOR SA ausgeweitet.

Per Strafbefehl vom 1. März 2024 hat die BA das Unternehmen GUNVOR SA zu einer Zahlung von rund CHF 86.7 Millionen veurteilt, wovon CHF 4.3 Millionen auf eine Busse entfallen. Das Genfer Rohstoffhandelsunternehmen ist demnach strafrechtlich verantwortlich für die Bestechung fremder Amtsträger (Art. 322septies Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 102 Abs. 2 StGB).

Der Strafbefehl der BA erfolgt im Rahmen eines mit den US-amerikanischen Behörden (Department of Justice, DOJ) abgestimmten Vorgehens. Diese handelten zur gleichen Zeit eine Vereinbarung (Plea Agreement) mit dem Unternehmen GUNVOR SA aus, in der es um denselben Sachverhalt geht. Diese Vereinbarung wurde heute von einem Gericht in New York genehmigt.

Zahlung von Bestechungsgeldern und organisatorische Mängel
Im Zuge der Ermittlungen der BA konnte nachgewiesen werden, dass mindestens zwischen Februar 2013 und Februar 2017 Bestechungsgelder in der Höhe von rund USD 7.5 Millionen zugunsten eines ecuadorianischen Amtsträgers flossen, der bei der staatlichen Erdölfirma EMPRESA PÚBLICA DE HIDROCARBUROS DEL ECUADOR (PETROECUADOR) eine leitende Funktion innehatte. Die Bestechungszahlungen wurden insbesondere unter Mitwirkung eines ehemaligen Angestellten des GUNVOR-Konzerns sowie zweier Vermittler, die über eine Offshore-Gesellschaft agierten, ausgeführt. Diese drei Personen haben sich in den Vereinigten Staaten von Amerika schuldig bekannt. Die betreffenden korrupten Transaktionen, von denen ein Teil über den Schweizer Finanzplatz abgewickelt wurde, verschafften dem GUNVOR-Konzern gemäss Strafbefehl der BA direkte Vorteile, da PETROECUADOR daraufhin Ölhandelsverträge mit zwei Gesellschaften abschloss, mit denen der GUNVOR-Konzern Back-to-Back-Vereinbarungen getroffen hatte.

Angesichts dessen waren die von Februar 2013 bis Februar 2017 bei GUNVOR geltende Risikoanalyse sowie die Massnahmen und Prozesse zur Korruptionsbekämpfung und deren effektive Umsetzung offensichtlich nicht ausreichend, um zu verhindern, dass von den vorhandenen Möglichkeiten für korruptes Handeln im Zuge der geschäftlichen Beziehungen mit einer staatlichen ecuadorianischen Erdölfirma tatsächlich Gebrauch gemacht wurde.

Busse und Ersatzforderung
Gemäss Art. 102 Abs. 3 StGB bemisst sich die Busse für ein strafrechtlich verantwortliches Unternehmen insbesondere nach der Schwere der Tat, des Organisationsmangels und des angerichteten Schadens sowie nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Der gesetzlich festgelegte Maximalbetrag liegt bei CHF 5 Millionen (Art. 102 Abs. 1 in fine StGB). Auf dieser Grundlage wird GUNVOR SA zu einer Busse von CHF 4.3 Millionen verurteilt. Dabei wurde insbesondere berücksichtigt, dass der GUNVOR-Konzern durch seine Mitarbeit zum Fortschreiten der Ermittlungen beitrug und – wenn auch spät – gewisse Massnahmen umsetzte, die zur Beendigung der Geschäftsbeziehungen zu den beiden oben erwähnten Vermittlern führten.

Darüber hinaus wird GUNVOR SA zur Zahlung einer Ersatzforderung in Höhe von rund CHF 82.3 Millionen (dem Gegenwert von USD 93.5 Millionen) verurteilt. Dies entspricht einem Teil des Gewinns, den der GUNVOR-Konzern dank der korrupten Verträge erwirtschaften konnte. Gemäss Art. 71 Abs. 1 StGB wird eine Ersatzforderung ausgesprochen, wenn die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr direkt vorhanden sind. Der durch das Urteil betroffene Gewinnanteil wurde durch die schweizerischen sowie die US-amerikanischen Behörden gemeinsam festgelegt. Gemäss den anwendbaren Rechtsgrundsätzen ist es nicht zulässig, Vermögenswerte, die aufgrund derselben Bestechungszahlungen erlangt wurden, zwei Mal einzuziehen.

GUNVOR SA verzichtet auf eine Einsprache gegen den Strafbefehl. Damit erwächst dieser in Rechtskraft.

Der Strafbefehl kann auf Anfrage und zu den üblichen Bedingungen beim Rechtsdienst der BA (rechtsdienst@ba.admin.ch) angefordert werden.

Der Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Medienmitteilung berücksichtigt das koordinierte Vorgehen mit den US-Behörden und die heutige Zustimmung zum Plea Agreement in New York diesbezüglich.

Originalversion des Textes auf Französisch


Adresse für Rückfragen

Kommunikationsdienst der Bundesanwaltschaft, +41 58 464 32 40, info@ba.admin.ch


Herausgeber

Bundesanwaltschaft
http://www.ba.admin.ch/ba/de/home.html

https://www.bundesanwaltschaft.ch/content/mpc/de/home/medien/archiv-medienmitteilungen/nsb_medienmitteilungen.msg-id-100264.html