Bank Lombard Odier und ein ehemaliger Mitarbeiter wegen schwerer Geldwäscherei beim Bundesstrafgericht angeklagt
Bern, 29.11.2024 - Als Abschluss ihrer Strafuntersuchung hat die Bundesanwaltschaft (BA) am 26. November 2024 beim Bundesstrafgericht Anklage gegen die Bank Lombard Odier & Cie SA und einen ihrer ehemaligen Mitarbeiter wegen schwerer Geldwäscherei eingereicht. Die Bank und ihr ehemaliger Mitarbeiter werden verdächtigt, eine entscheidende Rolle bei der Verschleierung von Erlösen aus den Aktivitäten des von Gulnara Karimova gegründeten «Office» gespielt zu haben, das von der BA als kriminelle Organisation eingestuft wird.
Die eingereichte Anklageschrift knüpft an den Sachverhalt an, der die BA am 28. September 2023 veranlasst hat, Gulnara Karimova, Tochter des ehemaligen Präsidenten der Republik Usbekistan, und einen zweiten Beschuldigten beim Bundesstrafgericht anzuklagen. Diesen wird vorgeworfen, an einer in verschiedenen Ländern aktiven kriminellen Organisation mit dem Namen «Office» beteiligt gewesen zu sein. Zwischen 2005 und 2012 sollen sie in der Schweiz Vermögenswerte gewaschen haben, die aus Verbrechen dieser kriminellen Organisation stammten, deren oberste Chefin gemäss der Anklageschrift der Bundesanwaltschaft Gulnara Karimova sein soll (vgl. die Medienmitteilung vom 28.09.2023).
Die Ermittlungen im vorliegenden Strafverfahren haben gemäss Anklageschrift den Verdacht erhärtet, dass ein Teil der in der Schweiz gewaschenen Gelder über Bankbeziehungen bei der Banque Lombard Odier & Cie SA (nachfolgend: Lombard Odier) in Genf transferiert worden sein soll. Die Bank und einer ihrer ehemaligen Mitarbeiter sollen eine entscheidende Rolle bei der Verschleierung der Erlöse aus den kriminellen Machenschaften der kriminellen Organisation «Office» gespielt haben. Aus diesem Grund führte die BA seit Dezember 2016 ein Strafverfahren gegen die Bank und einen ihrer ehemaligen Mitarbeiter wegen des Verdachts der schweren Geldwäscherei. Die Ermittlungsphase wurde mit der Einreichung der Anklageschrift beim Bundesstrafgericht abgeschlossen. Dem ehemaligen Vermögensverwalter, der zwischen 2008 und 2012 in der Privatkundenabteilung von Lombard Odier tätig war, wird schwere Geldwäscherei nach Art. 305bis Ziff. 1 und 2 des Strafgesetzbuches (StGB) vorgeworfen. Die Bank Lombard Odier wird wegen schwerer Geldwäscherei nach Art. 305bis Ziff. 1 und 2 StGB in Verbindung mit strafrechtlicher Verantwortlichkeit des Unternehmens nach Art. 102 Abs. 2 StGB angeklagt.
Dem ehemaligen Bankmitarbeiter vorgeworfene Handlungen
Der Beschuldigte soll insbesondere aufgrund seiner Funktion als Mitglied des Investitionskomitees eines Fonds von Gulnara Karimova diese und mehrere Mitglieder von «Office» bereits vor seiner Anstellung bei Lombard Odier gekannt haben. Nach seinem Eintritt in die Bank im Jahr 2008 soll er aktiven Kontakt zu Mitgliedern von «Office» gehalten und einigen von ihnen eine Zusammenarbeit angeboten haben. Dem Beschuldigten wird gemäss Anklageschrift vorgeworfen, in seiner Eigenschaft als Vermögensverwalter zwischen August 2008 und August 2012 bei Lombard Odier neun Bankbeziehungen von «Office», die dazu bestimmt waren, Gelder aus Verbrechen dieser kriminellen Organisation entgegenzunehmen, eröffnet oder dies in Auftrag gegeben zu haben. Er soll in der Folge diese Bankbeziehungen verwaltet und innerhalb der Bank nicht gemeldet haben, dass für diese Konten falsche wirtschaftlich Berechtigte benannt worden seien, obwohl er gewusst haben soll, dass die wahre und einzige wirtschaftlich Berechtigte an den Geldern Gulnara Karimova war. In diesem Zusammenhang soll der Beschuldigte auch eine Gesellschaft von «Office» als operative Gesellschaft deklariert haben, obwohl er gewusst haben soll, dass diese weder über eine Geschäftstätigkeit noch über Angestellte verfügte und von der kriminellen Organisation einzig zu dem Zweck gegründet worden war, der Weiterleitung von Geldern aus Straftaten einen legalen Deckmantel zu verleihen. Dem Beschuldigten wird zudem vorgeworfen, die wirtschaftlichen Hintergründe der Gutschriften und Belastungen auf den neun betreffenden Bankbeziehungen nicht respektive falsch respektive falsch und verspätet abgeklärt und das Compliance Monitoring nicht darüber informiert zu haben, womit er die Pflicht der unverzüglichen Meldung an die Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) verletzt haben soll. Zudem soll er im November 2011 und im Juni 2012 einem nicht dafür autorisierten Mitglied von «Office» Zugang zu einem zu den Bankbeziehungen gehörenden Tresor bei Lombard Odier verschafft haben. Dieses Mitglied von «Office» soll daraus Dokumente, welche die Geldtransfers juristisch rechtfertigen sollten, entnommen respektive die gesamten Dokumente in einen anderen Tresor verbracht haben.
Der Anklageschrift der BA zufolge soll der Beschuldigte gewusst haben, dass die auf die neun genannten Bankverbindungen überwiesenen Gelder aus kriminellen Aktivitäten von «Office», insbesondere aus Korruptionshandlungen im usbekischen Telekommunikationssektor, stammten. Mit seinen Handlungen soll er die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung und die Einziehung von Vermögenswerten, von denen er wusste, dass sie aus Straftaten stammten, vereitelt und sich somit der schweren Geldwäscherei gemäss Art. 305bis Ziff. 1 und 2 StGB schuldig gemacht haben.
Der Bank vorgeworfene Tathandlungen
Die BA wirft Lombard Odier vor, bei der Eröffnung und Führung der neun erwähnten Geschäftsbeziehungen die damals geltenden Standards bei der Geldwäschereibekämpfung und die eigenen internen Richtlinien nicht eingehalten zu haben. Insbesondere hat die Untersuchung Versäumnisse bei der Identifikation und der Erneuerung der Identifikation des wirtschaftlich Berechtigten der fraglichen Geschäftsbeziehungen, bei der Pflicht zur zusätzlichen Abklärung von Geschäftsbeziehungen mit erhöhtem Risiko, bei der Annahme und der jährlichen Überprüfung von Geschäftsbeziehungen mit politisch exponierten Personen (PEP), bei der Pflicht zur Identifikation und Abklärung von Transaktionen mit erhöhtem Risiko sowie bei der internen Organisation gezeigt.
Mindestens von 2008 bis 2012 hat das Programm zur Geldwäschereibekämpfung von Lombard Odier gemäss Anklage zahlreiche Mängel aufgewiesen, sodass die wiederholten und anhaltenden Geldwäschereihandlungen, die der für die neun Bankbeziehungen von «Office» verantwortliche Mitarbeiter begangen haben soll, weder verhindert noch aufgedeckt werden konnten. In diesem Zusammenhang soll die Bank nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehren getroffen haben, um die Begehung von schweren Geldwäschereihandlungen innerhalb der Bank zu verhindern. Sie wird deshalb wegen schwerer Geldwäscherei im Sinne von Art. 305bis Ziff. 1 und 2 StGB in Verbindung mit strafrechtlicher Verantwortlichkeit des Unternehmens nach Art. 102 Abs. 2 StGB angeklagt.
Bis zum rechtskräftigen Urteil gilt die Unschuldsvermutung. Von nun an liegt die Zuständigkeit für Erteilung weiterer Informationen ausschliesslich beim Bundesstrafgericht in Bellinzona. Gemäss geltenden Verfahrensvorschriften wird die Bundesanwaltschaft die Strafanträge anlässlich der Hauptverhandlung vor dem Bundesstrafgericht bekannt geben.
Die Originalversion der Medienmitteilung ist auf Französisch.
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